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Fichte-Studien 2025 (Call for Papers)


Fichte-Studien 2025 (Call for Papers)

Die Wissenschaftslehre als Metaphilosophie

Herausgeber:
Federico Ferraguto (Pontifícia Universidade Católica do Paraná, Curitiba, Brasilien)
Dirk Westerkamp (Christian-Albrechts-Universität, Kiel, Deutschland )

Zu den systematischen Grundlagen der Wissenschaftslehre Fichtes gehört das Vorhaben einer „pragmatischen Geschichte des menschlichen Geistes“ (GA I/2, 365). In dem Versuch, das Epos des Geistes mitsamt seiner Epik, das heißt des „Rechenschaftsberichts“ über die Konstruktionsprinzipien dieser Geistes-Geschichte, zu schreiben, lässt Fichte wiederholt die notwendigen Bestimmungen des natürlichen Bewusstseins durchgehen und den Weg der (Selbst-)Emanzipation des Bewusstseins von jedweder Vorgegebenheit darstellen. Scheinbar gekennzeichnet durch die Herausarbeitung einer vollkommen subsprachlichen Tätigkeit des Selbstbewusstseins und scheinbar in Ablehnung der Schriftkultur, an deren Stelle die variierte und volatile Wiederholung identischer spekulativer Kerne tritt, konzipiert Fichte seine unterschiedlichen Darstellungen der Wissenschaftslehre, indem er methodische Optionen prüft, die sich jeweils auf die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Gesprächspartnern (von Reinhold bis Schelling, von Hegel bis Fries) beziehen; er tut dies aber auch, indem er verschiedene Strategien der Bestimmung des Verhältnisses von Individuum und Vernunft, von absolutem und konkretem Wissen, von Rationalität und ihrer konkreten und diskursiven Artikulationen (apagogische Methode, Dialektik, Phänomenologie, transzendentale Logik, Biographie, Psychologie) entwirft. 

Die metaphilosophische Struktur der Wissenschaftslehre nimmt diese Strategien keineswegs reflexionslos hin oder als gegeben an. Im Gegenteil: Vielmehr rechtfertigt die WL ihre eigene Verfassung jederzeit entweder durch eine Legitimation der angewandten Methode, durch eine Thematisierung der anthropologischen Voraussetzungen, die für die Umsetzung der Philosophie notwendig sind, oder durch eine Reflexion über die zu verwendenden rhetorischen Techniken und Werkzeuge. Im Ergebnis führt dies zu einer Konzeption der Philosophie als Denkpraxis, die sowohl eine Rechtfertigung ihrer selbst als auch eine Ermächtigung des Denkens selbst enthält. 

Ausgehend von diesen methodologischen Prämissen fragt die vorliegende Ausgabe der Fichte-Studien nach den verschiedenen methodischen, literarischen und performativen Strategien, die Fichtes philosophischen Stil prägen und der Konstruktion der Wissenschaftslehre in ihren verschiedenen Dimensionen und Ausprägungen zugrunde liegen. Dies soll erfolgen sowohl in Bezug auf Fichtes einzelne Debattengegenstände und konkrete Gesprächspartner, die sich an seinen philosophischen Entwürfen abarbeiten, als auch in Bezug auf die verschiedenen methodischen Optionen, die sein Denken in verschiedenen Phasen konstellieren. 

Seine methodische und methodologische Komplexität nähert Fichtes Ansatz bestimmten Tendenzen aktueller philosophischer Debatten an; insbesondere steht die Frage im Raum, wie „anschlussfähig“ Fichtes Auffassung von Philosophie als Exerzitium einer Reihe kritischer Fähigkeiten, die darauf zielen, die Passivität des gewöhnlichen Denkens in eine aktive Praxis zu verwandeln, derzeit sein mag. In dem entsprechenden Themenschwerpunkt der Fichte-Studien wird es daher darauf ankommen, folgende Aspekte durch eine eingehende Untersuchung der methodischen „Theoriekerne“ (Henrich) zu thematisieren:

– die Wissenschaftslehre als Metaphilosophie: Methoden, Strategien, Kritik;
– die methodologischen Strategien der Darstellung der Wissenschaftslehre (Dialektik, Phänomenologie, transzendentale Logik);
– die Lehre von der Wissenschaft(slehre) als Praxis des Denkens: Philosophie und die Kunst des Philosophierens;
– die Wissenschaftslehre im Spiegel ihrer methodologischen Konkurrenten: (empirische) Psychologie, Phänomenologie, formale und transzendentale Logik, Philosophie des gesunden Menschenverstands;
– die Mitteilbarkeit und Unmitteilbarkeit (in) der Wissenschaftslehre;
– die „pragmatische Geschichte des Geistes“ als eine Epik der Vernunft;
– die Tektonik der Argumente und Begründungsfiguren;
– das Verhältnis von Geist und Buchstabe für die Wissenschaftslehre selbst;
– die metaphilosophische Funktion der (gewöhnlichen) Sprache und der Kreativität für die Transzendentalphilosophie;
– Genesis, Biographie und Schrift(Sprache) innerhalb der Wissenschaftslehre.

Deadline für Abstracts: 30.06.2024
Abgabetermin der Aufsätze: 31.12.2024
Veröffentlichung: 06.2025